Ein paar Sätze zum Auftritt von Gregor Gysi am 9. Oktober in Leipzig. Sicher spreche ich damit nicht im Namen der Stiftung Friedliche Revolution, sondern in meinem Namen und in meiner Verantwortung:
Eine nachträgliche Ausladung Gregor Gysis käme einer Zensur gleich. Und niemand ist genötigt in jenes Konzert in der Peterskirche zu gehen. Eine Verhöhnung durch sein Auftreten kann ich nicht erkennen, seine bisherigen schriftlichen Einlassungen, parlamentarischen Einwürfe oder öffentlichen Auftritte bedenkend.
Nach meinen Erfahrungen mit Herrn Gysi könnte ich auch sagen: auch Gregor Gysi ist in der Friedlichen Revolution befreit worden, befreit auch von den Einmauerungen in einer Ideologie und Praxis des Marxismus-Leninismus. Die PDS (jetzt die LINKE) ist längst keine Kaderpartei mit einem ideologischen Programm mehr.
Gysi zählt inzwischen zu den linken Demokraten, der sich den Auseinandersetzungen stellt und nicht zuletzt vielen früheren SED-Mitgliedern in der Linken eine politische Heimat eröffnet hat.
Ich weiß nicht, wer der Veranstalter ist, ob und wie sich diese Veranstaltung in der Peterskirche in die Erinnerungsriten des 9. Oktober 1989 im Jahre 2019 einfügt.
Die friedliche, so mutige wie besonnene demokratische Aufbruchsbewegung in der DDR mit dem „Symboldatum“ 9. Oktober und ihren 70.000 Demonstranten ist letztlich in jenen dramatischen Herbsttagen von 1989 auch denen zu verdanken, die ihre angedrohten Machtmittel schließlich nicht mehr eingesetzt haben. Die damalige Parteiführung konnte sich ihrer Mitglieder in den Auseinandersetzungen nicht mehr sicher sein.
Gregor Gysi hat einen, seinen Beitrag für einen friedlichen, keineswegs unumstrittenen Übergang in die Demokratie geleistet und findet gewöhnlich eine große Zuhörerschaft, hat Freunde und Feinde und lässt sich nicht von dem ihm auch entgegengebrachten Hass bestimmen.
Was er sagt, ist bedenkenswert und verschafft ihm eine kaum vergleichbare Sympathie der Öffentlichkeit.
Friedrich Schorlemmer
am 28.6.2019