Im Schuljahr 2007/2008 habe ich am Schüleraustauschprogramm „KOPERNIKUS“ teilgenommen. Im ersten Schulhalbjahr, vom 01. September 2007 bis 25. Januar 2008, war ich in Pozna?. Im zweiten Schulhalbjahr von Februar bis Juli 2008 kam mein Austauschpartner dann nach Deutschland.
Meine Erwartungen waren vor dem Austausch relativ hoch, da ich bis dahin nur gutes über das Austauschprogramm gehört habe. Außerdem stellte der Austausch für mich die Herausforderung da, wie man einen 14-jährigen Jungen im Ausland an einer fremden Schule aufnehmen würde. Desweiteren erwartete ich vom Austausch andere Kulturen besser kennenzulernen und auch meine eigenen Fähigkeiten, sich im Ausland zurechtzufinden und sich anzupassen, zu erforschen.
Der Austausch ging wie schon oben erwähnt vom 01.September 2007 bis zum 16. Juli 2008. Dabei war ich bis zum 25. Januar in Polen und mein Austauschpartner ging dann ab dem 05. Februar hier, in Deutschland zur Schule.
Mein Austauschpartner war Damian Pietrowicz und meine Gastfamilie somit Familie Pietrowicz. Die Familie wohnte relativ dicht am Zentrum von Pozna? in einem „Wohnhochhaus“. Zur Familie gehörten die beiden Eltern, die kleine Schwester Weronika, die Oma und mein Austauschpartner. Ab September war ich nun dort. Am Wochenende vor dem Schulanfang bin ich dann für ein halbes Jahr zu ihnen gezogen. Anfangs war ich noch aufgeregt, wie es nun sein würde, wenn man von einem Tag auf den anderen in einer komplett neuen Umgebung wohnt. Aber ich wurde gleich am ersten Tag gut aufgenommen. Damian zeigte mir gleich noch die neue Umgebung und die Schule, sodass ich gleich die wichtigsten Wege kannte. Am 01. September war dann der erste Schultag. Was mir gleich auffiel war, dass man in Polen am ersten Schultag möglichst „feine“ Kleidung tragen sollte. So ging Damian auch im Anzug zur Schule, wie die meisten anderen auch. In der Schule versammelten sich dann auf dem Schulhof alle Klassen zum Appell. Dort sprach dann der Direktor einige Worte. Danach gingen alle in ihre Klassen. Die Vize-Direktorin der Schule brachte mich dann zu meiner Klasse. Ich war nicht in der Klasse meines Austauschschülers, da er auf das Technikum ging, welches mit dem Liceum zusammengefasst war. Ich wurde kurz der Klasse vorgestellt und musste dann selber ein paar Worte über mich sagen: wer ich bin, wie alt, woher ich komme etc. typische Fragen für Neulinge in einer Klasse. Am ersten Schultag war nur noch eine Klasseleiterstunde, sodass der Tag dann auch schnell vorbei war. Meine Klassenlehrerin war zufälligerweise eine Deutschlehrerin.
Ab dem nächsten Tag ging es in der Schule dann richtig los. In der Klasse wurde ich auch gleich gut aufgenommen und die Schüler waren natürlich auch gleich sehr interessiert an mir, da ich der erste deutsche Austauchschüler war, der diese Schule besuchte. Auch die Lehrer nahmen mich meistens freundlich auf, wobei man manchmal glauben konnte, dass die Lehrer gar nicht darüber informiert waren, dass ein Austauschschüler da ist. Die meisten Lehrer waren aber auch sehr freundlich, bis auf einige, wie zum Beispiel der Geschichtslehrer, welcher mich so gut wie ignorierte. Man merkte aber, dass die Schule noch keine Erfahrungen mit Austauschschülern hatte, da die Lehrer erst mal auch nicht wussten wie sie mit mir umgehen sollte, sodass ich anfangs auch die selben Tests wie die polnischen Schüler schreiben musste. Nach einem Gespräch mit der Direktorin aber, einigten wir uns darauf, dass ich in den Fächern wo ich Probleme hatte, extra Tests bekam, aber auf jeden Fall auch welche schreiben musste. In Chemie, Mathe, Englisch, Deutsch und teilweise auch in Biologie bekam ich jedoch genau die gleichen Tests wie alle anderen, da ich in diesen Fächern keine Probleme hatte. In Polnisch, Physik und WOK(Kultur) bekam ich andere Tests, welche einfacher waren als die der anderen. Bzw. bekam ich auch extra Aufgaben. So bekam ich in Polnisch die Aufgabe einen Vortrag über mein Lieblingsbuch zu machen. Oder auch in Biologie bekam ich die Möglichkeit, dass meinen Hausaufgaben zensiert wurden Das einzige Fach, bei dem der Lehrer keine Rücksicht nahm, war Geschichte. Dort musste ich genau die gleichen Tests schreiben, welche ich auf Grund der Sprache nicht lösen konnte. Nur beim Nachschreiben bekam ich die Hilfe von einer guten Schülerin, welche mir die Aufgaben erklären sollte, sodass ich diese lösen konnte, damit ich wenigstens keine 1(in Deutschland eine 6) bekam. Dadurch wurde Geschichte natürlich nicht zu einem meiner Lieblingsfächer. Das lag aber auch daran, dass man in Polen alles nur diktiert bekommt und die Geschichte nicht wie bei uns, mit Hilfe des Lehrers zusammen erarbeitet wird. Dafür waren meine Lieblingsfächer dann unter anderem Mathematik und Chemie, da ich dort sehr viel verstand, weil ich vieles aus Deutschland kannte. Teilweise war es auch so, dass ich der Einzige war, der etwas musste und so anderen helfen konnte oder auch dadurch die Aufgaben an der Tafel löste. In Chemie bekam ich dadurch sogar eine Note höher als ich eigentlich ansonsten bekommen hätte. Im Unterschied zu Deutschland fiel mir auf, dass der Englischunterricht in Polen ein weit niedrigeres Niveau hatte als in Deutschland. Das trug dazu bei, dass ich auch in Englisch einer der besten war. Dadurch durfte ich auch mit ein paar anderen Klassenkameraden zu einem Workshop der von Studenten durchgeführt wurde. Der Workshop war von einer Studentenorganisation, in die Studenten aus aller Welt beitreten können. Diese veranstalten dann Workshops an verschiedenen Schulen auf der ganzen Welt. So kam es auch das der Workshop von zwei Studenten aus Ruanda und Indien geführt wurde, was sehr interessant war, weil ich dadurch noch in den Kontakt mit zwei anderen Kulturen kam. Thema des Workshops war, Zukunft bzw. selbstständig zu werden. Dabei sprachen wir, in englischer Sprache, über eigene Zukunfts- und Geschäftsideen. Unterschiedlich zu Deutschland war auch, dass die Klasse im Sprachenunterricht geteilt wurde, sodass die Gruppen nicht zu groß waren und man selber viel mehr im Unterricht eingebunden wurde. Im Sportunterricht wurde die Klasse auch geteilt, aber diesmal in Jungen und Mädchen. Damit man nicht zu wenig war, hatten immer zwei Klassen zusammen Unterricht. Der Sportunterricht hat im Gegensatz zu Deutschland komplett andere Schwerpunkte. In Polen werden größtenteils Ballsportarten wie Fußball, Volleyball und Basketball betrieben. Wir hatten nur ganz kurz Leichtathletik, Sprint und Weitsprung und auch bloß kurz Turnen, Bodenturnen und Sprung. Für mich war das eher zum Vorteil, da ich sowieso nicht so begabt im Turnen bin. Im Allgemeinen war die Schulzeit in Polen relativ schön, da ich mich auch sehr gut mit den polnischen Schülern unterhalten konnte. Ich machte zwar noch so einige Fehler, in Aussprache und Grammatik, aber ich wurde sehr gut von den Schülern unterstützt mich gut ausdrücken zu können. Ich möchte noch hinzufügen, dass das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler in Deutschland, bei uns, freundschaftlicher als in Polen ist. Unterschiedlich waren auch die Unterrichtszeiten. So hatte ich nur einmal um 8, einmal um 10, zweimal um 11 und einmal um 12 Schulbeginn. Dadurch ging der Unterricht auch manchmal bis zum späten Nachmittag, wodurch dann manchmal nicht mehr viel für Freizeitaktivitäten übrig blieb. Anders als hier, war auch, dass es in jeder Klasse eine Weihnachtsfeier gab, bei der wir uns gegenseitig beschenkten. Außerdem gab es in Polen weniger Ferien, sodass ich nur die Weihnachtsferien hatte. Mit der Klasse gingen wir zusammen ins Kino, wir schauten den Film Katy? und kurz bevor ich zurückkehrte, gingen wir als Klasse Schlittschuhlaufen. In der Klasse, in der ich war, herrschte eine sehr gute Atmosphäre, sodass ich mich dort wohl fühlte und mir bei Schwierigkeiten geholfen wurde.
In dem halben Jahr, in dem ich in Polen zur Schule ging, konnte mir die Schule auch organisieren, dass ich weiterhin zum Schwimmtraining gehen konnte. So hatte ich jeden Tag in der Woche die Möglichkeit um 7 Uhr bei dem Training einer Sportschule mitzumachen. Die waren zwar ein bisschen schneller als ich, aber das machte ihnen nicht viel aus und so wurde ich auch dort sehr freundlich aufgenommen.
Die Gastfamilie war im Allgemeinen sehr nett, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie vielleicht ein bisschen mehr mit mir unternehmen. So ging ich entweder mit Damian, meinem Austauschschüler weg oder ich unternahm etwas alleine. Meistens gingen wir dann ins Zentrum, in ein Einkaufszentrum. Manchmal gingen wir auch zum Fußball, zu Lech Pozna?. Ansonsten verbrachten wir unsere Freizeit meistens zu Hause, da die ganze Familie nicht unbedingt unternehmenslustig war. Nachteil war, dass wir zu sechst eine ca. 40 m2 große „3-Raum-Wohnung“ bewohnten und somit immer relativ eng aufeinander hockten, was dazu führte, dass man keine Zeit für sich allein hatte. Meistens beschäftigte ich mit Weronika, der kleinen Schwester von Damian. Vorteilhaft dabei war, dass sie mir viele wichtige Vokabeln beibrachte. Auch mit der Oma von Damian hatte ich viel Kontakt, da sie ja die ganze Zeit zu Hause war. Mit ihr konnte ich mich über die verschiedenen Kulturen und auch andere gesellschaftliche Dinge unterhalten. Manchmal erzählte sie auch von früheren Zeiten, was auch sehr interessant war. Mit den beiden Eltern hatte ich wenig Kontakt, da sie manchmal nur selten zu Hause waren und sich dann auch schnell zurückzogen. In der restlichen Freizeit also hab ich dann Fernsehen geguckt oder mich auch mit polnischen Texten beschäftigt. Im Nachhinein find ich, dass die Familie, bis auf die Oma und der Schwester, relativ unzugänglich war. Aber ich kam trotzdem relativ gut mit ihnen aus und wir trennten uns dann auch nach dem halben Jahr im guten Verhältnis voneinander. Kulturell gab es nicht so viele Unterschiede bis auf einige Essgewohnheiten, also Gerichte, welche aber auch gut waren und die Religion. Probleme, dadurch dass ich nicht religiös bin, gab es aber nicht. Ein großer Unterschied zu Deutschland ist aber, dass man in Polen als Ausländer überall gut aufgenommen wurde und man auch überall Hilfe bekam. Ich blieb dann am Wochenende, wenn die Familie zur Kirche ging, zu Hause. Ich fuhr in dem halben Jahr, in dem ich dort war, nur einmal nach Hause und zwar über Weihnachten. Ansonsten war ich die ganze Zeit über dort, um natürlich auch so viel wie möglich von der Lebensweise in Polen mitzukriegen.
Nach dem halben Jahr kam dann Damian hier nach Deutschland. Auffällig war dabei, dass er relativ verschlossen und sich so oft wie möglich zurückgezogen hatte. Dadurch, dass wir aber ein Zimmer hatten führte das nun auch zu Problemen. Meiner Meinung nach, war Damian einfach damit überfordert sich in einem fremden Land neuen Gegebenheiten anzupassen. Er telefonierte fast den halben Tag mit seiner Freundin und knüpfte in der Schule auch bloß Kontakt mit anderen polnischen Schülern. So erzählten mir Freunde, dass er mit niemanden redete und auch in den Pausen meistens, dass Telefon am Ohr hatte. Grund hierfür ist, denke ich, dass er relativ unselbständig war, was mir schon in Polen aufgefallen ist. Das meiste haben seine Eltern für ihn geregelt. So kam es, dass er relativ wenig mit uns redete und man ihm eigentlich alles aus der „Nase ziehen“ musste. So war aber auch das Feedback der Lehrer mit denen ich gesprochen habe. Die meisten Lehrer sagten, dass er sich kaum bemühe deutsch zu reden und bei Vorträgen z.B. einfach nur was vorlese, was er nicht verstehe, aber auch nie sagte, dass er Probleme oder so hatte. So war es auch bei uns, wenn man fragte, ob alles in Ordnung ist, ob irgendwelche Probleme seien, hieß es nur: „Nein!“. Erst kurz vor den Zeugnissen kam er an, dass er in fast allen Fächern Schwierigkeiten hätte, aber guten Noten für Polen bräuchte. Alles in Allem hatte ich das Gefühl, dass er so richtig keine Lust auf den Austausch hatte bzw. dass er sich das vielleicht ein bisschen zu leicht vorgestellt hatte.
Letztendlich fand ich den Austausch für mich sehr erfolgreich, da ich allerhand an Erfahrungen sammelte und meine Sprachkenntnisse deutlich besser geworden sind. Auch wenn ich sagen muss, dass man hauptsächlich das Sprechen und nicht das Schreiben bei einem solchen Austausch lernt. Seitdem verstehe relativ viel von dem was die Leute in Polen sagen. Zwar ist das „Selber-sprechen“ ein bisschen schwieriger als das Verstehen, aber es reicht nun deutlich aus, um sich erfolgreich in Polen zu verständigen. Von einigen Lehrern hab ich auch erfahren, dass sie der Meinung sind, dass mich der Austausch geprägt hat und mich „reifer“ gemacht hat. Durch den Austausch hab ich auch gelernt in einem fremden Land mit Problemen zurechtzukommen. Traurig fand ich leider, dass das zweite Halbjahr, als Damian hier war, nicht zu gut geklappt hat. Für ihn war der Austausch deswegen leider nicht so erfolgreich, was aber eher auf seine mangelnde Initiative zurückzuführen ist.
Trotzdem finde ich es gut, dass ich mich für diesen Austausch entschieden habe. Ich hatte mir es zwar leichter vorgestellt, aber trotzdem bin ich mit den Ergebnissen des Austausches recht zufrieden. Deswegen möchte ich mich auch noch mal bei allen bedanken, die einen solchen Austausch ermöglicht haben.
von Philipp Pohle