In der letzten Maiwoche 2012 waren auf der Insel Rügen vier polnische Seniorinnen zu Gast, die ein besonderes Verhältnis zur größten deutschen Insel haben. Sie mussten dort in ihrer Jugend als Zwangsarbeiterinnen für die deutsche (Land-)Wirtschaft schuften. Das Dokumentationszentrum Prora und die Stadt Sassnitz organisierten zum 9. Mal eine Woche, in der ehemalige Zwangsarbeiterinnen ihre schmerzlichen  Erinnerungen an die jüngere Generation weitergaben. Sechs SchülerInnen der Förderschule „Am Meer“ Sassnitz, fünf Schüler der Regionalen Schule Sassnitz sowie acht Jugendliche einer Berufsförderschule aus Szczecin/Stettin haben die Zeitzeuginnen in dieser Woche begleitet und ihre Lebensgeschichten dokumentiert. Vorbereitend wurden die polnischen wie die deutschen Jugendlichen über das Thema Zwangsarbeit, die deutsch-polnische Geschichte informiert und auch mit Interviewtechniken vertraut gemacht. Die Jugendlichen arbeiteten in bi-nationalen Gruppen in zwei Workshops. Mit Unterstützung von Medienpädagogen und Dolmetschern entstanden in dieser Woche ein Film sowie ein Radiobeitrag zu diesen Tagen auf Rügen.

Audioschnitt - Begegnungswoche Sassnitz 2012 „Grenzen überwinden“

Die Erinnerungen der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen, die während ihres Zwangsaufenthaltes in Deutschland etwa so alt wie die Jugendlichen heute waren, hinterließen bei den SchülerInnen bleibende Eindrücke.  Besonders die Ungerechtigkeiten, die Schikanen und die Misshandlungen bewegten die Jugendlichen. Die 16-jährige Dominika Mankowska aus Szczecin fasst ihre Gefühle so zusammen: „Was die Zwangsarbeiter vor 70 Jahren erleben mussten ist total schockierend. Das war schwer, sowas hören zu müssen.“ Denkt aber auch: „wenn ich jetzt die Jugend hier mitbekomme, ist das trotz der Sprachprobleme ne ganz andere Geschichte…“ Auch Ole Mißler, 15 Jahre, aus Sassnitz stellt den Bezug zur Gegenwart her. Er hofft, dass sich diese Geschichte nicht wiederholt, weil „die Nazis nicht an die Macht kommen werden, weil es genug Menschen gibt, die einfach dagegen sind. (…)Dass sowas einfach nicht mehr passieren wird.“