foto_sachsenhausen_003Projektrahmen

Im Rahmen des Modellprojektes kunst – raum – erinnerung, findet vom 22.-26. September 2008 ein Fotoworkshop für ca. 15 Jugendliche im Alter von 16-18 Jahren in der IJBS Sachsenhausen statt. Die Jugendlichen lernen dabei die Gedenkstätte Sachsenhausen kennen und erhalten einen tieferen Einblick in die Objekte und die Fotodokumentation des ehemaligen Konzentrationslagers. Ausgehend von diesen Erfahrungen erarbeiten sie mit der Kamera und im Fotolabor eigene Bilder. Durch den Vergleich historischer Fotos mit neuen/eigenen Fotos, bzw. durch die Gegensätze schwarz/weiß-Farbe, analogdigital schulen sie ihren Blick für die Bildanalyse und erhalten Einblicke in die Möglichkeiten mittels fotografischer Mittel gezielte Aussagen zu treffen. Geleitet wird der Workshop von dem Berliner Künstler Joachim Seinfeld (www.lichtundsilber.de) und der Sozial- und Medienpädagogin Claudia Tröger (Frankfurt/Oder), in enger Kooperation mit der Pädagogischen Abteilung der Gedenkstätte Sachsenhausen.

Ausgangssituation

In einer Zeit, in der unser Sehen immer stärker von schnellen medialen Bildern und Schnappschüssen geprägt wird, gehen wir mit visuellem Material u.U. leichtfertig um. D.h. wir schauen uns die Bilder nicht genau an, analysieren die einzelnen Komponenten nicht und verstehen deshalb womöglich nicht ihren Aussagegehalt. Gerade jüngeren Menschen wird heute kaum noch genaues Hinsehen vermittelt. Bild ist gleich Bild, die Feinheiten werden vernachlässigt. Um zu verstehen, in welchem Kontext und mit welcher Absicht ein Bild entstanden ist und verbreitet wird, ist es aber nötig, das Bild „lesen” zu können. Dies gilt für historische Fotos ebenso wie für Bilder in den Medien heute. Die Frage, unter welchen Umständen und mit welcher Intention ein Foto entstand, verrät uns viel über die politischen Absichten des Autors. Was wollte er verschleiern oder herausheben, in welche Richtung sollen wir manipuliert werden. Gerade Bilder aus Konzentrationslagern sind nie „einfach nur so entstanden” (in der Regel gab es in den Lagern Fotografierverbot), sondern wurden mit einem sehr präzisen Ziel angefertigt. Was sich dahinter verbirgt, gilt es in dem Workshop zu erkunden.

Projektziel

Ziel des Workshops ist es daher, SchülerInnen zwischen 16 und 18 Jahren genaues Hinsehen und selbständiges praktisches Arbeiten mit dem Medium Fotografie zu vermitteln, um so die Auswirkungen des gezielten Einsatzes von Komposition und fotografischer Technologie zu erkennen. Hier soll auch eine Verbindung der traditionellen analogen Fotografie (schwarz/weiß) mit unterschiedlichen digitalen Bildbearbeitungstechniken erprobt werden, um die vielfältigen Möglichkeiten des Mediums zu erforschen. Die beteiligten Jugendlichen sollen dabei ihre eigene Ausdrucksform finden, um diese mit den historischen Bildern in Zusammenhang setzen zu können und die Unterschiede zu erkennen. Dank der Betreuung durch KünstlerInnen wird hierbei der visuelle Aspekt in den Vordergrund gestellt. Kompositorische, ästhetische und bildinhaltliche Komponenten werden den SchülerInnen aus der Sicht Bildschaffender und nicht von primären Bildrezipienten vermittelt. Dies fördert eine Wahrnehmung, die der Frage nach dem Wie vermittle ich übers Bild die angestrebten Inhalte, am besten gerecht wird. Durch die Analyse historischen Bildmaterials – ein Medium, das den Jugendlichen in der Regel vertraut ist – und dem Finden eigener visueller Antworten, wird die Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex nationalsozialistische Konzentrationslager von einer neuen Warte aus betrieben. Die SchülerInnen entdecken Aspekte, die sie bisher nicht kannten, und verstehen, dass Bilder lügen können. Darauf sollen sie mit ihrem eigenen Bildschaffen reagieren, kreative Wege beschreiten und mit künstlerischen Mitteln Gegenbilder entwerfen. So finden die Jugendlichen einen Zugang zur Geschichte des Konzentrationslagers Sachsenhausen, der über das theoretische, in der Schule vermittelte Wissen, hinaus geht und neue Denkansätze fördert.

Zielgruppe

SchülerInnen im Alter von 16-18 Jahren im Klassenverband Beiderlei Geschlechts

Hintergrundwissen: Vorkenntnisse der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust, im Idealfall Grundkenntnisse in Fotografie

Vorbereitung der SchülerInnen: In der Schule sollte es möglichst vor Beginn des Workshops einen Vorbereitungstermin geben, an dem die SchülerInnen kürzere Texte zur Geschichte des Konzentrationslagers Sachsenhausen lesen und besprechen. So können sie mit „eigenen Bildern im Kopf” vor Ort in die Arbeit mit dem Medium Fotografie einsteigen. Ein solcher Text könnte ein Abschnitt aus „Ein Glückskind” von dem Sachsenhausen-Überlebenden Thomas Buergenthal über die Befreiung des Konzentrationslagers sein.

Umsetzung

Während des fünftägigen Workshops werden die Jugendlichen auf gemeinsamen und individuellen Streifzügen durch die Gedenkstätte, das Haus Szczypiorski (ehem. Haus des Inspekteurs der Konzentrationslager, Theodor Eicke) und das Gelände der heutigen Polizeifachhochschule (ehemalige SS-Kasernen) fotografieren. Diese Fotos werden im Fotolabor im Haus Szczypiorski entwickelt, vergrößert und eventuell digital bearbeitet. Gemeinsam werden die Erkenntnisse aus dieser Arbeit herausgefiltert. Die von den Jugendlichen angefertigten Bilder werden in den visuellen Kontext der Fotografien aus der Zeit des Konzentrationslagers Sachsenhausen gestellt. Dazu wird mit den TeilnehmerInnen historisches Fotomaterial, das von den WorkshopleiterInnen vorbereitet wurde, gesichtet und auf seine Aussage hinterfragt. Die Bilder der TN beziehen sich in ihrer Aussage auf dieses Fotomaterial. So entsteht durch die Reflexion der Bilder von heute und dem historischen Material ein inhaltlicher und visueller Zusammenhang. Die Jugendlichen verbringen die Zeit von der Anreise am Montag bis zur Abreise am Freitag im Haus Szczypiorski, so dass bei Bedarf auch die Abende zur Vertiefung des Themas genutzt werden können.

Zielüberprüfung

Am Ende jedes Tages sichtet und bespricht die Gruppe das von den Jugendlichen erstellte Bildmaterial. Die Bilder werden mit den historischen Fotos verglichen. Die Arbeitsgruppen stellen jeweils den anderen TeilnehmerInnen ihre Resultate vor. So sollen die formulierten Ziele erreicht werden: Bildanalyse, Einordnung in den historischen Kontext, kreatives Bildschaffen, Kontextualisierung der entstandenen Bilder in der Auseinandersetzung mit dem NS-System und dem Erinnern an die Greuel in den Konzentrationslagern. Im Gespräch mit den einzelnen AGs kann auch auf auf tauchende Probleme eingegangen werden.