In zwei Seminaren kamen jeweils 10 Mädchen aus Brandenburg zusammen, um miteinander Strategien zur Konfliktbewältigung zu üben. „Wir mischen uns ein” hieß das erste Seminar, das vom 10.10. bis 12.10.2003 in der Herberge Hoher Golm stattfand. Vom 28.11. bis 30.11.2003 folgte die nächste Veranstaltung im Franzenhof in Biesdorf unter dem Titel „Miteinander oder gegeneinander oder Wer wird denn gleich in die Luft gehen”.

Die Teilnehmerinnen waren Mädchen im Alter von 14 bis 17 Jahren aus dem gesamten Land Brandenburg. Sie stammten aus unterschiedlichen Sozialräumen und sozialen Schichten, einige Mädchen lebten in sozialschwachen Familien oder waren in Heimen untergebracht. Diese Mischung erwies sich als sehr befruchtend, weil die Mädchen sich sonst in ihrem Alltag nur in homogenen Peergroups aufhalten und so gut wie keinen Kontakt zu anderen Gleichaltrigen haben.

In den Anfangsrunden beider Seminare ging es daher gleich um Vorurteile und Fremdwahrnehmung. Die Mädchen sollten sich zu den anderen Teilnehmerinnen Namen, Eigenschaften und Herkunftsgeschichten ausdenken und sie anschließend überprüfen. Hierbei ging es darum, den Teilnehmerinnen zu vermitteln, dass wir uns immer Gedanken und Einschätzungen über andere machen und dass es sinnvoll und hilfreich sein kann, diese zu überprüfen und neue Einschätzungen zuzulassen. Den Teilnehmerinnen bereitete die Anfangsrunde viel Spaß und Freude, ihre Kreativität kam zum Tragen und sie konnten all ihren Gedanken freien Lauf lassen. Die Seminarleiterinnen begleiteten diesen Prozess, so dass mögliche Verletzungen durch eine Umdeutung oder genaues Nachfragen abgefangen werden konnten.

Es wurde zu Beginn der Seminare relativ schnell deutlich, dass die Teilnehmerinnen zum Thema „Konflikt” negative Assoziationen mitbrachten. In einem Brainstorming konnten noch einmal alle inneren Bilder zum Thema gesammelt und anschließend auf ihre persönliche Einstellung hin diskutiert werden. Hierbei war es erstmals möglich, positive Bewertungen von Streitsituationen zuzulassen. Es kam bei den Teilnehmerinnen zu einem Perspektivwechsel. Hierbei konnten Themen besprochen werden, wie z.B.: „Wie möchte ich, dass andere Menschen mit mir umgehen und wie gehe ich mit anderen um?” Dazu fertigten alle einen so genannten „Schatzrahmen” an, in den die Mädchen positive Eigenschaften eintragen sollten, die sie im Verlauf des Seminars an anderen Teilnehmerinnen bemerken würden. Das Thema „Wertschätzung” floss im gesamten Seminarverlauf immer wieder in die Diskussionen ein.

Im Rahmen einer anderen Übung mit dem Titel „Nichtverletzende Ärgermitteilungen” wurde in Rollenspielen trainiert, wie dem Gegenüber die Verärgerung über eine Situation konstruktiv mitgeteilt werden kann. Da die Mädchen aus unterschiedlichen sozialen Schichten kamen, praktizierten sie unterschiedliche Konfliktlösungsstrategien. Einige setzten ihre Stimme oder ihre Tränen ein, andere wurden sogar handgreiflich. Es war wichtig zu thematisieren, wann und ob sie in der jeweiligen Situation erfolgreich waren und ob die jeweilige Strategie zu einer möglichen weiteren Eskalation führen würde.

In einem umfangreichen Planspiel konnte eine aktuelle Konfliktsituation von einer Teilnehmerin intensiv bearbeitet werden. Hierbei wurden die verschiedenen Perspektiven des Konflikts erarbeitet und Lösungsmöglichkeiten mit beteiligten Personen durchgespielt. Alle Mädchen beteiligten sich sehr engagiert an diesem Spiel, weil sich jede eine ihr entsprechende Rolle aussuchen und gestalten konnte. Diese Methode erwies sich als sehr positiv für die gesamte Gruppendynamik.

Bemerkenswert waren auch die Phantasiegeschichten, in denen es um Ressourcenaktivierung ging. Die Mädchen erfuhren hier eine Sichtbarmachung ihrer eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und ihres positiven Verhaltens.

Wichtig erschien auch das Arbeiten an Werten, Normen und Glaubenssätzen. Es konnten Situationen aus dem Alltag erarbeitet werden, die den Mädchen wichtig erschienen und in denen sie sich für ihre Interessen einsetzen wollten. Deutlich trat hier die Problematik der Ausländerfeindlichkeit hervor, wobei klar Szenen diskutiert und analysiert wurden. Die Mädchen spielten selbst erdachte Szenen zur Fremdenfeindlichkeit, entwickelten Lösungsmöglichkeiten und neue Verhaltensoptionen.

Insgesamt können diese Seminare in ihrer inhaltlichen Bewältigung als sehr effektiv angesehen werden. Die Teilnehmerinnen gingen gestärkt und engagiert aus dem Seminar, wobei sie meinten, dass sie sich zu so einem Seminar noch einmal anmelden würden.

Es wäre zu überlegen, ob für ein solches Seminar ein längerer Zeitraum sinnvoll wäre, um einen besseren Lernerfolg zu erzielen.